Interkulturelle Wahrnehmung und Kommunikation

 

Der Wechsel in einen anderen Kulturbereich bzw. der Kontakt mit Personen eines anderen Kulturbereichs (z.B. ins Ausland/Gastunternehmen) wird von vielen Menschen sehr unterschiedlich erlebt. Dabei ist es auch von Bedeutung, ob sich jemand freiwillig (z.B. Urlaub) oder delegiert (z.B. Dienstreise) für die Reise entscheidet und für welche Dauer die Person sich dort aufhält. Schon in der Zeit der Reisevorbereitung werden Informationen gesammelt, Erwartungen geweckt und Vorurteile gebildet, die oft mit der Realität nicht übereinstimmen und vor Ort zu  Erstaunen, Unverständnis und Ratlosigkeit führen. Die Kooperationspartner verhalten sich ggf. anders als erwartet, was zu Orientierungsdefiziten führt. Erst nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung bzw. Neuorientierung und Anpassung wächst das Verständnis der neuen Situation und der Stress weicht dem Wohlbefinden. Ursache dafür ist die individuelle Wahrnehmung, denn das Erlebte wird aufgrund von Erwartungen, Vorurteilen und Intensionen verifiziert. Ausgehend von den jeweiligen kulturspezifischen Orientierungssystemen wird die Situation jedoch von beiden Seiten unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert und daraus resultierend das individuelle Denken, Empfinden und Handeln beeinflusst. Die vielfältigen und bedeutungshaltigen Funktionen des Orientierungssystems sind das Ergebnis eines Sozialisierungsprozesses, in dem Zeichen und Symbole zur interpersonellen Verständigung so gut internalisiert wurden, dass eine unmissverständliche und konfliktfreie Kommunikation innerhalb der kulturellen Gemeinschaft möglich ist. Dies schließt die Ableitung und Bewertung der Wünsche, Ziele, Hoffnungen, Intentionen und emotionalen Befindlichkeiten aus dem Gesamtkontext der Situation sowie die kompetente Reaktion auf diese ein. Die Handelnden gehen davon aus, dass Ihre Wahrnehmung, deren Bewertung und ihre daraus resultierende Reaktion richtig ist (Wahrheitspostulat), gesittet ist (Gerechtigkeitspostulat), adäquat ist (Rationalitätspostulat) und von allen Menschen gleichermaßen gehandelt wird (Universalitätspostulat). Weichen die Orientierungssysteme jedoch voneinander ab, sodass die Zeichen und Symbole der interpersonellen Kommunikation von den Handelnden unterschiedlich interpretiert werden, führt dies zu unterschiedlicher Wahrnehmung und Interpretation des Partnerverhaltens. Beschreibt man also interkulturelle Kompetenz, so schließt dies zwingend die Kenntnis von Zeichen und Symbolen der interpersonellen Kommunikation als Teil des Orientierungssystems der Akteure ein.

 

 

Literatur:

Hofstede, G.; Hofstede, G. J. [2011]:  in Beck-Wirtschaftsberater; Lokales Denken, globales Handeln – Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management; Von Geert Hofstede und Gert Jan Hofstede aus dem Englischen Übersetzt von Petera Mayer und Martina Sondermann; 5., durchgesehene Auflage; Deutsche Taschenbuch Verlag; München;

Thomas, A. [2005]: 1.1 Kultur und Kulturstandards; 1.2 National- und Organisationskultur;   1.3 Das Eigene, das Fremde, das Interkulturelle;   In: Thomas, A.; Kinast, E.-U.; Schroll-Machl, S. (Hg.) [2005]: Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation; Band 1: Grundlagen und Praxisfelder; 2., überarbeitete Auflage; Vandenhoeck & Ruprecht; Göttingen;

 

 

Ralph Arzt:   info (@) ralph-arzt.eu 

 ul. Modrzewskiego 1; 25-110 Kielce; Polska;    /   Ooser Bahnhofstr. 15; 76532 Baden-Baden; Germany;